Die Potenziale der Digitalisierung für die Industrie sind enorm. Doch können nur Unternehmen davon profitieren, die den richtigen Partner für die Umsetzung an ihrer Seite haben.
Im Interview erklärt Peter Kammüller, CEO von Bossard Schweiz, wie man Kunden fit macht für aktuelle und künftige Entwicklungen – und wie diese Entwicklungen aussehen könnten.
Peter Kammüller, welche Auswirkungen hat
die digitale Transformation auf Ihre Kunden?
Unter Druck entstehen Diamanten – die unter dem
Druck der Finanzkrise arg gebeutelte Schweizer Export-
Industrie war durch den zusätzlichen Kostendruck
nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses praktisch
über Nacht gezwungen, die Kosten weiter zu senken. Die
teilweise aus der Not geborenen Effizienzsteigerungsprogramme
erweisen sich heute allerdings als Segen: «Lean
Production» in der Fertigung ist eine wesentliche Voraussetzung
auf dem Weg zur digitalen Transformation.
Welche konkreten Potenziale
eröffnet die Digitalisierung?
Die Chancen, die sich für unsere Kunden eröffnen, bestehen
primär darin, dass intelligente Roboter und Maschinen
in Produktionslinien auch in Hochpreisländern
Arbeiten verrichten werden, die aus Kostengründen bisher
in Billiglohnländer abgewandert sind. Dies eröffnet
ganz neue Perspektiven.
Der Wandel von der «klassischen» Produktionsstätte
hin zur vernetzten Smart Factory ist das Ziel
vieler Betriebe. Wie kann «Smart Factory Logistics»
von Bossard diesen Prozess vereinfachen?
Mit dem Wissen und der Erfahrung von fast zwei Jahrzehnten
in der Entwicklung und erfolgreichen Umsetzung
von Industrie 4.0-tauglichen Logistiksystemen
wie «SmartBin» haben unsere Partner und potenziellen
Kunden die Gewissheit, dass sie auf erprobte Lösungen
setzen. Als Innovations-Leader ist es unser Anspruch,
die Systeme laufend weiterzuentwickeln. Davon profitieren
unsere Geschäftspartner direkt und zeitnah und
steigern dank noch agileren und eben smarteren Logistik
Lösungen ihre Wettbewerbsfähigkeit.
Können Sie uns mehr erzählen über «SmartBin»,
«SmartCard» und «SmartLabel»?
Alle drei Systeme unterstützen unsere Kunden in ihren
Bemühungen, ihre Supply Chain effizienter zu gestalten,
sie sind «Enabler» für Industrie 4.0-taugliche Logistik-Lösungen.
Während «SmartBin» vollautomatisch funktioniert,
ist bei den beiden anderen Systemen eine menschliche
Interaktion nötig. «SmartBin» ist ein System, bei dem
konventionelle Behälter unterschiedlicher Grösse in Kombination
mit Gewichtssensoren zum Einsatz kommen.
Die Sensoren ermitteln laufend den aktuellen Bestand. Bei
Erreichen des Mindestbestands wird automatisch die vordefinierte
Bestellmenge nachgeliefert. Wir unterscheiden
zwischen «SmartBin classic», «SmartBin Mobile» sowie
«SmartBin flex». «Smart Card» ist hingegen ein System
basierend auf RFID Technologie. Es lässt sich schnell und
kostengünstig in jeden Produktionsprozess integrieren. Ist
etwa ein Artikel nicht mehr lagerhaltig, muss der Mitarbeiter
die RFID Karte lediglich in einen elektronischen Briefkasten
werfen. Die Daten werden an Bossard übermittelt
und der Nachfüllprozess wird eingeleitet. «SmartLabel»
wiederum setzen unsere Kunden bei der Materialbewirtschaftung
von C- und B-Teilen im Lager, der Produktion
oder auch direkt am Ort des Verbrauchs ein.
Welche Lösungen bietet Bossard im Bereich
des Supply Chain Managements an?
Unsere Kunden erwarten, dass wir über ein globales
Beschaffungsnetzwerk verfügen, das es uns erlaubt, uns
den sich laufend verändernden Bedürfnissen in der Versorgungskette
flexibel anzupassen. Diesen Ansprüchen
werden wir gerecht, indem wir heute über eine globale
Präsenz an über 80 Standorten verfügen. Wir sind dort,
wo unsere Kunden sind, haben ein Netz von 35 Logistikzentren
aufgebaut und können auf 14 anwendungstechnische
Labors in Europa, Amerika und Asien zurückgreifen.
Weltweit setzen sich 2300 Mitarbeitende täglich
in den Dienst unserer Kunden, um diesen einwandfreie
Produkte und Services zu garantieren.
Wie sieht bei Bossard die After-
Sales-Begleitung aus?
Haben wir bei einem Kunden unsere Systeme installiert,
werden diese laufend überwacht und in Zusammenarbeit
mit dem Kunden weiter optimiert. Wir unterziehen
die Systeme periodischen Überprüfungen, sogenannten
«Logistik-Checks». Dabei überprüfen wir Schnell- und
Langsamdreher, die Anzahl Transaktionen und optimieren
die Systeme zum bestmöglichen Nutzen unserer
Kunden. Wir entwickeln Systeme und Lösungen wie
gesagt laufend weiter und rüsten auf bei Hard- und
Software, wovon unsere Kunden direkt profitieren.
Wie wird sich die Industrie Ihres Erachtens
mittel- bis langfristig weiterentwickeln?
Wir sind im Swiss Pavillon der diesjährigen Hannover-
Messe als Aussteller vor Ort. Das Leitthema der
Messe lautet «Integrated Industry – Connect & Collaborate
». Es geht dabei um das Zusammenspiel von
Automatisierungs- und Energietechnik, Intralogistik,
IT-Plattformen und künstlicher Intelligenz, die die
digitale Transformation der Industrie nach vorne treiben
wird. Der Trend geht m.E. in diese Richtung. Eine
weitere Entwicklung ist die zunehmende Dematerialisierung
der Produkte. Neuartige Fertigungsverfahren
wie 3D-Printing beschleunigen diesen Prozess. Gerade
im Bereich der Prototypen-Fertigung bieten sich hier
spannende Möglichkeiten. Diesem Trend begegnet die
Bossard-Gruppe, indem wir Kooperationen mit führenden
Unternehmen für additive Fertigung eingegangen
sind, um auch hier ganz vorne mitzuspielen.